Dos and Don'ts im Umgang mit Betroffenen

Wenn Ihr Kind oder ein:e Angehörige:r einen problematischen Medienkonsum aufweist und somit große Schwierigkeiten hat, sein/ihr Nutzungsverhalten zu kontrollieren, gibt es Möglichkeiten, wie Sie unterstützen können. Sie können dadurch einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass die betroffene Person Hilfe in Anspruch nimmt und somit negative Folgen begrenzt werden:

Was Sie tun können

  • Nehmen Sie Ihre Wahrnehmungen und Beobachtungen ernst! Sprechen Sie die Beobachtungen offen an und lassen Sie sich nicht irritieren, wenn der/die betroffene Jugendliche zunächst abwehrend, zurückweisend oder gar aggressiv reagiert!
  • Verabreden Sie sich mit der betroffenen Person zu einem Zeitpunkt, zu dem sie sich nicht in der Ausübung ihres exzessiven Verhaltens gestört fühlt. Beispielsweise bringt es kaum etwas, eine betroffene Person zur Rede stellen zu wollen, während sie sich z. B. gerade mitten im (Computer-)Spiel befindet oder chattet.
  • Versuchen Sie, möglichst nicht zu konfrontativ vorzugehen. Geben Sie zunächst der betroffenen Person Raum, ihr Verhalten aus ihrer Sicht zu erklären. Dadurch können Sie besser verstehen, welche Funktion die massive Game-/ Social-Media/ Streaming-Nutzung für die Person hat.
  • Versuchen Sie einfühlsam vorzugehen, so dass die betroffene Person dazu angeregt wird, selbst über die (kurz- und langfristigen) Vor- und Nachteile ihres übermäßigen Nutzungsverhaltens nachzudenken. Der Weg zur Einsicht des Problems wird durch ein empathisches Vorgehen erleichtert und die Entwicklung von Eigenmotivation zur Veränderung gefördert.
  • Sprechen Sie vor allem Ihre eigene Betroffenheit an (z.B. das Vermissen von Kontakt mit der betroffenen Person, Ihre Enttäuschung wegen nicht eingehaltenen Versprechungen etc.). Machen Sie gleichzeitig deutlich, was Sie sich wünschen würden (z.B. wieder mehr Verbundenheit durch gemeinsam verbrachte Zeit).
  • Suchen Sie für sich selbst Gesprächspartner:innen, denen Sie Ihre Sorgen mitteilen können und um eine Meinung Dritter einzuholen. Informieren Sie sich im Internet oder suchen Sie selbst Kontakt zu Suchtberatungsstellen!
  • Bieten Sie der betroffenen Person an, gemeinsam zur Suchtberatungsstelle oder zum Arzt/zur Ärztin seines/ihres Vertrauens zu gehen! Über "Hilfe in meiner Nähe" können Sie Unterstützung in Ihrer Umgebung finden.
  • Und denken Sie bitte daran: Sie können ein bestehendes Problem wahrnehmen, aber Sie können keine Diagnose stellen – dies tun Fachkräfte aus dem Bereich Suchttherapie/Suchtberatung. Genauso gilt: Sie können nicht das Verhalten der betroffenen Person ändern, das kann diese nur selbst tun.

Was Sie vermeiden sollten

  • Vermeiden Sie nach Möglichkeit alles, was die Aufrechterhaltung des Verhaltens erleichtert.
  • Übernehmen Sie keine Verpflichtungen der betroffenen Person („… weil er/sie es doch eh wieder vergisst, weil es sonst Ärger gibt.“)
  • Bringen Sie kein Essen an den Computer/die Konsole. Lassen Sie nicht zu, dass die betroffene Person während des Essens aufs Smartphone schaut.
  • Sprechen Sie keine Verbote gegen den Willen der betroffenen Person aus, so verlieren Sie nur schnell den Kontakt zu ihr.
  • Sprechen Sie keine Drohungen aus, die Sie nicht einhalten können! Angekündigte Konsequenzen sollten IMMER eingehalten werden. Überlegen Sie sich besser bereits im Vorfeld, wie Sie bei einer Nichteinhaltung der Vereinbarung reagieren werden und setzen Sie dies dann falls notwendig konsequent um (z.B. Taschengeld kürzen).
  • Sprechen Sie nicht vor Ihrer/Ihrem Angehörigen von einer Sucht, wenn Sie sich (z.B. durch eine fachliche Diagnose) nicht absolut sicher sind, dass es sich um eine Sucht handelt oder die Person den Begriff nicht selbst zur Beschreibung ihres Verhaltens nutzt. Wenn Sie mit der betroffenen Person das Gespräch suchen, ist es außerdem ratsam vor allem die Konsequenzen des „süchtigen“ Verhaltens anzusprechen, anstatt (indirekte) Vorwürfe zu formulieren. Sagen Sie z.B. lieber: „Paula, ich mache mir Sorgen, weil Du so unregelmäßig zur Schule gehst. Ich frage mich, ob das etwas mit Deiner intensiven Smartphone-Nutzung zu tun haben könnte!“ als „Paula, Du bist Smartphone-süchtig und schaffst es dadurch nicht mal regelmäßig zur Schule zu gehen!“. So haben Sie größere Chancen, dass die betroffene Person sich für das Gespräch öffnet und zugänglicher wird.
  • Nutzen Sie Medienzeiten nicht als Belohnung, Bestrafung oder zur Beruhigung. Dadurch bekommt der Computer oder das Smartphone einen zu hohen Stellenwert für die betroffene Person.
  • Veranstalten Sie keine gemeinsamen Internet-/ Smartphone-/Computer-Aktivitäten, „um das Verhalten besser zu verstehen“, „um Kontrolle zu haben“, „um zusammen zu sein“. Das bedeutet allerdings nicht, dass Sie sich nicht zeigen lassen können, was Ihr:e Angehörige:r spielt oder im Internet tut.