Genauso wie digitale Spiele und Streaming bringen auch soziale Medien viele positive Eigenschaften und Vorteile mit sich, die dazu anregen, das Medium häufiger zu nutzen oder gar zu einem festen Bestandteil des Alltags zu machen. Welche Tricks der sozialen Medien sorgen dafür, dass wir möglichst lange online bleiben? Welche Risiken und Gefahren gibt es in den sozialen Medien und was kannst Du dagegen tun? Darüber möchten wir auf dieser Seite informieren.

Unendlichkeit

Du kennst das bestimmt: Eigentlich wolltest Du nur kurz deine Nachrichten checken, und schwups, sind zwei Stunden vergangen und Du hast dich in süßen Tiervideos, Tanzvideos oder lustigen Memes verloren. Das liegt daran, dass man in sozialen Medien nie das Ende des Feeds erreicht - ständig werden einem neue Fotos, Reels, oder Videos gezeigt. So kann das Gefühl entstehen, dass es eine unendliche Zahl von Inhalten zu konsumieren gibt und man verliert schnell jegliches Zeitgefühl dafür, wie lange man schon online ist. Dazu kommt, dass Menschen dazu tendieren, Dinge zu Ende bringen zu wollen. Das Problem ist, dass es bei sozialen Medien durch den „Infinite Scroll“ (unendliches Scrollen) kein natürliches Ende gibt. Wir scrollen also immer weiter und weiter, ohne dass die Inhalte weniger werden. Ohne natürlichen Stopp kann es dann sehr schwierig werden, sich aus dem Sog der sozialen Medien zu befreien. Hinzu kommt, dass es hin und wieder besonders interessante Videos oder Posts gibt (sozusagen unerwartete „Belohnungen“), die unser Belohnungssystem im Gehirn aktivieren. Genau hier setzt auch die Funktion „Pull-to-Refresh“ an:

Pull-to-Refresh

Ist dir schon mal aufgefallen, dass es jedes Mal andere und neue Beiträge gibt, wenn Du deinen Newsfeed zum Beispiel bei Instagram oder TikTok aktualisierst („Pull-to-Refresh“)? Du weißt also nie, was dich erwartet, wenn Du nach unten ziehst – es kann jederzeit die nächste spannende Neuigkeit oder das nächste lustige Video auftauchen. Dieses Prinzip nennt sich intermittierende Verstärkung und findet sich auch im klassischen Glücksspiel wieder - zum Beispiel bei Spielautomaten, die gelegentlich einen Gewinn abwerfen, man aber nicht weiß, wann es soweit ist. Das verleitet dazu, immer weiter zu spielen, ständig in der Hoffnung, dass der langersehnte Gewinn beim nächsten Mal kommt. Bei den sozialen Medien ist es ganz ähnlich - auf der Suche nach der nächsten "Belohnung" scrollen wir immer weiter oder aktualisieren ständig den Newsfeed - schließlich könnte es jeden Moment tolle Neuigkeiten geben.

FOMO

Die endlose Auswahl an Inhalten und täglich neuer Content löst bei vielen schnell das Gefühl aus, etwas verpassen zu können. „FOMO“ ist die Abkürzung für den englischen Ausdruck „Fear Of Missing Out“ und bedeutet so viel wie „die Angst, etwas zu verpassen“. Die Besorgnis, den Anschluss zu verlieren, weil man an einem bestimmten Erlebnis nicht teilnimmt, gab es schon vor den Zeiten des Internets. Die schnelllebige Welt der digitalen Medien verstärkt den Drang, dauernd online aktiv sein zu müssen. Neue Trends und Nachrichten machen so schnell die Runde und wer nicht auf dem neusten Stand ist, kann nicht mitreden. Starke FOMO kann neben Unruhe und Stressgefühlen dazu führen, dass reale Dinge und Momente gar nicht mehr richtig genossen werden können, da man ständig darüber nachdenkt, was man gerade alles verpassen könnte.

Soziale Belohnungen

Wer freut sich nicht über Likes, einen netten Kommentar oder viele Follower:innen? Forscher:innen haben gezeigt, dass genau dieses positive Feedback auf sozialen Medien tatsächlich das Belohnungszentrum im Gehirn aktivieren und die Ausschüttung von Dopamin (ein Glückshormon) anregen kann. Dasselbe Zentrum wird aktiviert, wenn Du zum Beispiel eine leckere Mahlzeit zu dir nimmst. Likes, Kommentare und Co. sind also wie soziale Belohnungen, die zunächst angenehme Gefühle auslösen. Dennoch kann ein übermäßiger Social Media Konsum dazu führen, dass Du zunehmend die soziale Bestätigung brauchst, um dich gut zu fühlen. Gefährlich wird es, wenn Du deinen Selbstwert nur noch von der Anzahl deiner Likes oder Kommentare abhängig machst, und Du dich zunehmend damit beschäftigst, deine Beiträge im Netz vorzubereiten.

Lesebestätigungen

Bei vielen Messenger-Dienste wie WhatsApp oder Telegram, aber auch bei Chat-Funktionen in anderen sozialen Medien wie Facebook und Instagram, gibt es eine Lesebestätigung, sobald der/die Chatpartner:in die Nachricht erhalten und gelesen hat. Bei WhatsApp sind es zum Beispiel die Doppelhäkchen, die blau werden, sobald die Nachricht gelesen wurde. Das kann sozialen Druck auslösen, die Nachricht sofort beantworten zu müssen. Vielleicht kennst Du es auch, das Gefühl zu haben, ständig verfügbar sein zu müssen. Auf Dauer kann das Beziehungen belasten und zu Konflikten führen.

Streaks

Ähnlich wie bei der Lesebestätigung verhält es sich auch bei den Streaks bei Snapchat. Das sind Symbole und Ziffern mit denen Snapchat Nutzer:innen belohnt werden, die über die App im täglichen Kontakt stehen. Mit jedem Tag, an dem die Snapchat-Nutzer:innen sich gegenseitig Bilder schicken, wird die Ziffer neben dem Profilbild des jeweiligen Kontakts erhöht und das Symbol verändert sich. Hat man mehr als einen halben Tag keinen Kontakt, droht der Streak abzulaufen. Eine Sanduhr erscheint, die anzeigt, wie viel Zeit noch bleibt, um den Streak zu retten. Geht der Streak verloren, müssen die Nutzer:innen wieder bei Null beginnen. Auch das erzeugt sozialen Druck und Nutzer:innen fühlen sich aufgefordert, sich ständig Bilder zu schicken und online aktiv zu sein.

Push-Notifications und Benachrichtigungstöne

Wie oft schaust Du am Tag auf dein Smartphone? Bestimmt weißt Du aus eigener Erfahrung, wie stark der Drang sein kann, sofort zum Smartphone zu greifen, wenn eine neue Nachricht auf dem Bildschirm erscheint. Benachrichtigungen sind oftmals eng mit FOMO verbunden – die Angst etwas zu verpassen verstärkt den Drang, auf jedes "Pling" auch direkt zu reagieren. Wenn man das Gefühl hat, immer und überall erreichbar sein zu müssen, kann das schnell zu Stress und Unruhezustände führen. Benachrichtigungen sorgen auch dafür, dass wir ständig das unterbrechen, was wir eigentlich gerade tun. Eine Studie zeigt, dass wir unser Smartphone im Durchschnitt rund 96x am Tag checken – also ungefähr alle 10 Minuten! Das kann es ganz schön schwierig machen, sich auf längere Texte oder Aufgaben zu konzentrieren.

Push-Notifications können aber nicht nur deiner Konzentrationsfähigkeit schaden, sondern sich auch negativ in sozialen Situationen auswirken. Hast Du schon einmal von dem Begriff Phubbing gehört? Phubbing setzt sich aus den Wörtern "Phone" (Handy) und "Snubbing" (ignorieren) zusammen und beschreibt das Verhalten, wenn jemand seinem Handy mehr Aufmerksamkeit schenkt als seinem direkten Gegenüber. Zum Beispiel, wenn Du mit deinen Freunden zusammen bist, aber ständig auf dein Handy schaust, anstatt mit ihnen zu reden oder Zeit mit ihnen zu verbringen. Das kann dazu führen, dass die Menschen um dich herum das Gefühl bekommen, nicht wichtig genug für deine Aufmerksamkeit zu sein und sich dadurch nicht respektiert fühlen.

Blauer Haken bei Instagram

Du kennst bestimmt das blaue Häkchen, das manche auf Instagram-Profilen neben dem Accountnamen zu sehen ist. Dieser Haken findet sich meist in den Profilen von berühmten Personen und dient als Echtheitssiegel, um die echten Profile von Fakeaccounts zu unterscheiden. Mittlerweile gilt der blaue Haken aber auch als Statussymbol, weswegen viele Menschen diesen unbedingt haben wollen. Manche bezahlen sogar hohe Summen an Geld dafür. Das riskante dabei: Um den blauen Haken zu erhalten, muss ein Abo abgeschlossen werden, bei dem verhältnismäßig hohe monatliche Kosten anfallen. Und wer vergisst, rechtzeitig zu kündigen, hat Pech - denn das Abo verlängert sich automatisch. Überlege dir also gut, ob es dir das wirklich wert ist.

Welche weiteren Gefahren und Risiken bergen soziale Medien?

Daten

Würdest Du deinen ganz privaten Steckbrief oder deine Strandfotos in der Pausenhalle oder der Kantine deines Ausbildungsbetriebs aushängen wollen? Eher nicht. Mit den sozialen Medien verhält sich das ähnlich. Es ist wichtig auf seine Daten aufzupassen und sich gut zu überlegen, was man im Internet preisgeben möchte und was nicht. Das Internet vergisst nie! Auch wenn Du gepostete Inhalte wieder löschst, können andere diese zuvor gespeichert und weitergeleitet haben.

Cybermobbing

Damit ist das Verschicken von beleidigenden Textnachrichten oder das Weiterleiten von vertraulichen Informationen und Bildern an andere Personen gemeint. Cybermobbing kann rund um die Uhr stattfinden und zieht oft weite Kreise. Durch die Anonymität des Internets trauen sich Täter:innen meistens mehr als auf dem Schulhof, weshalb Cybermobbing besonders heftig werden kann. Für Betroffene ist es wichtig, Beweise zu sichern! Wer (über das Internet) mobbt, muss mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe rechnen.

Cybergrooming

Wenn (meist erwachsene) Personen das Internet nutzen, um strategisch Kontakt zu Kindern oder Jugendlichen aufzunehmen, die sie später (sexuell) missbrauchen wollen, bezeichnet man das als Cybergrooming. Die Täter:innen nutzen auch hier die Anonymität des Internets dazu aus, Vertrauen zu potenziellen Opfern aufzubauen und dieses später auszunutzen. Oft entsteht der Kontakt über soziale Netzwerke oder die Chatfunktion in Online-Spielen, wo Täter:innen Gemeinsamkeiten, wie ähnliche Hobbies vortäuschen, über Sex und Liebe sprechen wollen, nach freizügigen Fotos fragen und die Opfer damit später erpressen. In Deutschland ist Cybergrooming übrigens strafbar. Deswegen ist es wichtig, sich jemandem anzuvertrauen.

Filter und Posing

In den Instagram- und TikTok-Feeds zahlreicher junger Menschen reihen sich unzählige Fotos von makellos aussehenden Influencer:innen. Reine Haut ohne Augenringe, schmale Nasen, volle Lippen, eine perfekte Körperhaltung und glänzenden Haare – aber ist das alles echt? Tatsächlich verbringen Influencer:innen oft viel Zeit mit dem Posen vor der Kamera, bis endlich ein Bild für den nächsten Social Media-Post entstanden ist. Und doch reicht auch das oft nicht: zahlreiche Filter helfen dabei, Hautunreinheiten zu kaschieren, das Gesicht schmaler und die Augen größer zu machen. Hinzukommen noch Apps wie Facetune, durch die Mal eben kinderleicht eine schmale Taille gezaubert werden kann. Diese Filter und Apps funktionieren quasi wie Schönheits-OPs. Kein Wunder also, dass fast alle Influencer:innen gleich aussehen und dazu beitragen, ein unrealistisches Schönheitsideal zu verbreiten. Ein weiterer Trend sind Augmented Reality (AR) Filter, mit denen Du Bilder in Echtzeit verändern und dir z.B. eine knallblaue Lockenpracht oder einen glitzernden Heiligenschein zaubern kannst. Viele Influencer:innen und Firmen entwickeln eigene AR Filter, um Follower zu gewinnen und sich zu vermarkten. Außerdem ist in den sozialen Medien oft die Welt der „Reichen und Schönen“ zu sehen, für die der Alltag nur aus Urlauben, teuren Restaurantbesuchen und Luxusgütern zu bestehen scheint. Der ständige Vergleich des eigenen Lebens mit der im Internet oftmals positiv dargestellten Welt der „Reichen und Schönen“ kann sich negativ auf deinen Selbstwert und deine Psyche auswirken.

Fake News

Wichtig ist, zwischen wirklichen Fakten und Falschmeldungen zu unterscheiden. Die Reichweite von Social Media-Plattformen ist groß und kann dazu genutzt werden, Falschmeldungen zu verbreiten. Um tatsächlichen Fakten zu erkennen, ist es wichtig genau zu prüfen, wer hinter der Quelle steckt, ob es sich um aktuelle Informationen handelt, und wie viel Wahrheit hinter der Nachricht steckt. Während der Corona-Pandemie gab es zum Beispiel viele Fake News, die sich auf einen falschen Ursprung des Virus, mutmaßliche Übertragungswege oder Fehlinformationen zu den Impfstoffen bezogen haben.

Doomscrolling

Doomscrolling beschreibt den endlosen Konsum von negativen Nachrichten. Leider dominieren oft schlechte Nachrichten den Newsfeed der sozialen Medien – so kann man schnell von einer negativen Meldung zur nächsten kommen und sich häufig nur schwer aus diesem Kreislauf befreien. Vielleicht ist es dir auch schon passiert, dass Du dich in schlechten Nachrichten zur Pandemie oder dem Ukraine-Krieg verloren hast. Besonders in Krisensituationen bieten Plattformen wie TikTok oder Instagram die Möglichkeiten, sich zu informieren und schnell eine Menge ungefilterter Nachrichten zu erhalten. Leider werden negative Ereignisse als viel wichtiger und bedeutender wahrgenommen als positive Ereignisse und wirken sich somit mehr auf das eigene Wohlbefinden aus. Doomscrolling kann schnell zu negativen Gedanken, schlechter Stimmung und Angstsymptomen führen.

Gefährliche Challenges

Vor allem bei TikTok sind sogenannte Challenges sehr beliebt. Das sind Mutproben oder Herausforderungen, zu denen Nutzer:innen sich gegenseitig auffordern, mit dem Ziel, möglichst viele Likes und Aufmerksamkeit zu bekommen. Durch das Verwenden von bestimmten Hashtags können diese Trends in den sozialen Medien schnell viral gehen. So zum Beispiel bei der #CelebLookAlike-Challenge, bei der es darum geht, Bilder einer berühmten Person nachzustellen, der man laut seinen Freund:innen oder Follower:innen ähnlich sieht. Oft bringen Challenges viel Unterhaltung und Spaß und können das Gemeinschaftsgefühl stärken. Dennoch gibt es leider auch immer wieder gefährliche Challenges. So zum Beispiel die #Dry Scooping & Cinnemon-Challenge, bei der ein trockener Löffel Zimt oder Protein-Pulver geschluckt werden soll. Bei einigen TikTokern hat dieser Trend bereits zu akuter Atemnot und sogar schon zum Herzinfarkt geführt.

Werbung & In-App-Shopping

Du kennst es sicher: Influencer:innen halten begeistert Gegenstände in die Kamera und verkünden, es handle sich dabei um das Produkt des Jahres, das Du dir unbedingt kaufen musst. Ob die Influencer:innen das Produkt wirklich so gut finden? Gute Frage! Denn für ihre Aussagen bekommen sie von Unternehmen häufig viel Geld gezahlt. Viele soziale Medien wie Instagram bieten auch In-App Shopping Funktionen an. Hier werden die dargestellten Produkte direkt verlinkt und können über wenige Klicks gekauft werden. Die App muss dazu nicht verlassen werden. Der schnelle Einkaufsprozess birgt die Gefahr, schnell den Überblick über anfallende Kosten zu verlieren und sich nicht die nötige Zeit zu nehmen, Entscheidungen richtig abzuwägen.

Und was denken Jugendliche und Erwachsene selbst über ihr Nutzungsverhalten und die Risiken von Social Media? Darüber wird in diesem Video berichtet.